Der "Kodex von Hammurabi"Der Gesetzeskodex des babylonischen Königs Hammurabi (Hammurapi) (um 1750 v.Chr.)Babylonische Funde im persischen "Susa" (1901-1902)In den Jahren 1901 bis 1902 stießen französische Archäologen bei Ausgrabungen in der alten Stadt Susa im westlichen Persien auf einen überraschenden Fund. In den Ruinen von Bauwerken, die gegen Ende des zweiten Jahrtausends v.Chr. verlassen worden waren, fanden sie sorgfältig beschriftete, viele hundert Jahre zuvor angefertigte Gedenktafeln aus Stein. Es handelte sich nicht um ortsübliche, elamitische Skulpturen, sondern um Denkmäler, die berühmte Könige Babylons in ihren eigenen Städten hatten aufstellen lassen. In einem kurzen Augenblick des Triumphs hatte ein König von Susa die Stadt Babylon geplündert und diese Stücke als Trophäen mitgenommen. Die Steine wurden in neuer Zeit mit dem Schiff nach Paris gebracht, wo sie heute den Louvre schmücken. Erfreulicherweise ist heutzutage eine Kopie der Gesetzes-Stele im "Pergamon Museum" in Berlin ausgestellt. Eine besondere SteinsäuleUnter diesen steinernen Dokumenten nimmt eine schwarze Steinsäule eine Sonderstellung ein. Sie ist 2,25 m hoch, und am oberen Ende ziert sie ein 60 cm hohes Relief. In den Stein sind Hunderte von Zeilen in Keilschrift eingraviert worden.
Der glückliche EntdeckerGlücklicher Entdecker dieser Gesetztetafel war der Schweizer Ägyptologe Gustav Jéquier, der ein Mitglieder einer Expedition unter der Leitung von Jean-Jaques de Morgan war.
Der "Codex Hammurabi"Der Text
Der Gesetzestext ist in horizontalen Spalten in Keilschrift geschrieben: 16 Spalten auf der Vorderseite und 28 auf der Rückseite. Die Gesetztafel beginnt mit einem Vorwort, das die umfassende Restaurierung der Tempel und die religiösen Kulte Babyloniens und Assyriens beschreibt. Der Kodex enthält aber keine religiösen Gesetze.
Die Bedeutung des Codex für die BibelwissenschaftenDie Wellen der Erregung schlugen hoch, denn auf einmal waren eine ganze Reihe von Gesetzen gefunden worden, die dem "mosaischen Gesetz" in vieler Hinsieht sehr ähnlich waren.
"Gesetzt, ein Kind hat seinen Vater geschlagen, so wird man ihm die Hände abschneiden" (Nr. 195)." "Gesetzt, ein Mann hat einen minderjährigen Freigeborenen gestohlen, so wird er getötet" (Nr. 14). "Gesetzt, ein Mann hat bei einer Schlägerei einen anderen geschlagen und ihm eine Verwundung beigebracht, so wird selbiger Mann schwören: Ich habe ihn nicht mit Absieht geschlagen' und wird den Arzt bezahlen" (Nr. 206). "Gesetzt, ein Mann hat eine Freigeborene geschlagen und hat bei ihr eine Fehlgeburt veranlaßt, so wird er zehn Sequel Silber für den Fötus zahlen. Gesetzt, selbige Frau ist gestorben, so wird man seine Tochter töten" (Nr. 209,210). "Gesetzt, ein Mann hat das Auge eines Freigeborenen zerstört, so wird man sein Auge zerstören. Gesetzt, er hat einem anderen einen Knochen zerbrochen, so wird man seinen Knochen zerbrechen. Gesetzt, ein Mann hat einem anderen ihm gleichstehenden Manne einen Zahn ausgeschlagen, so wird man ihm einen Zahn ausschlagen(Nr. 196, 197, 200). "Gesetzt, ein Rind hat, als es auf der Straße ging, einen Mann gestoßen und getötet, so entstehen aus diesem Rechtsstreit keine Ansprüche. Gesetzt, das Rind eines Mannes ist stößig und hat demgemäß, daß es stößig ist, ihm seinen Fehler gezeigt, er aber hat seine Hörner nicht gestutzt, sein Rind nicht angebunden, selbiges Rind hat einen Freigeborenen gestoßen und getötet, so wird er eine halbe Mine Silber geben" (Nr. 250, 251). "Gesetzt, ein Mann hat entweder ein Rind oder ein Schaf oder einen Esel oder ein Schiff gestohlen, gesetzt, es ist das Eigentum Gottes oder des Palastes, so wird er es dreißigfach geben. Gesetzt, es ist das Eigentum eines Muskenu (Abhängigen), so wird er es zehnfach ersetzen. Gesetzt, der Dieb hat nichts zu geben, so wird er getötet. Gesetzt, ein Mann hat geraubt und ist dabei gefaßt worden, so wird selbiger Mann getötet" (Nr. 8,22). Die Rechtssprechung in der damaligen ZeitDie babylonischen Gesetze befassen sich häufig mit den gleichen Tatbeständen wie man sie im Volk Israel vorfindet, weil die meisten Babylonier wie die Israeliten Bauern waren, die in kleinen Städten lebten. Manche Ähnlichkeiten sind so verblüffend, daß man von einer in weiten Kreisen bekannten Tradition der Rechtsprechung ausgehen kann. Man vergleiche nur die Gesetze über den angriffslustigen Ochsen.
"Wenn ein Ochse einen anderen Ochsen durchbohrt bat, so daß er stirbt, sollen die Besitzer der Ochsen den Wert des lebenden Ochsen und den Körper des toten Ochsen zwischen sieh teilen" (Kodex des Eschnunna, Nr. 53). "Wenn jemandes Rind eines anderen Rind stößt, daß es stirbt, so sollen sie das lebendige Rind verkaufen und das Geld teilen und das tote Tier auch teilen" (2. Mose 21,35). Auffällig sind freilich nicht nur die Ähnlichkeiten zwischen diesen babylonischen Gesetzen und den biblischen, auffällig sind auch ihre Unterschiede. In den babylonischen Gesetzen sind Vermögen und Besitz ebenso wichtig wie die Menschen. Für Verbrechen an Personen und Sachen gelten dieselben Strafen. In den biblischen Gesetzen dagegen ahndet man nur Verbrechen gegen die Person mit körperlichen Strafen. Verstöße gegen den Besitz werden durch Geld oder Güter abgegolten. Das Schicksal eines Diebes, der den angerichteten Schaden nicht wiedergutmachen kann, ist nach Hammurabis Gesetz (Nr. 8) der Tod, während 2. Mose 22,2 verlangt, daß er als Sklave verkauft wird. Das hebräische Gesetz mißt dem Menschen einen höheren Wert zu als das babylonische. Die Gesetze Hammurabis sind - so weit man hat feststellen können - niemals mit aller Konsequenz angewendet worden. Obwohl die babylonischen Schreiber sie auch noch zur Zeit Nebukadnezars abschrieben, also mehr als tausend Jahre nach Hammurabi, beziehen sich die babylonischen Berichte über Rechtsfälle niemals auf sie. Ihre Bedeutung dürfte mehr in ihrem Grundsatz als in ihrer praktischen Anwendung gelegen haben. Der babylonische König Hammurabi (um 1750 v.Chr.)Hammurabi war um 1750 v.Chr. König von Babylon, also mehrere hundert Jahre, bevor Mose lebte.
Hammurabi ware während der ersten Jahre seiner Herrschaft Zeitgenosse des mächtigen Samsi-Adad von Assur, dem auch Mari unterstand. Nach dem Tod Samsi-Adads, dem sein Sohn auf dem Thron folgte, änderte sich das Kräftverhältnis in Mesopotamien. Unter der Herrschaft Zimrilims gelange es Mari, sein Unabhängigkeit wiederzugewinnen und für einige Zeit den Aufschwung Assyriens aufzuhalten. Es folgte eine kurze Zeit , während der keiner Herrschaft der großen Städte wie Mari, Babylon, Esnunna und Larsa die Vorherrschaft erlangen konnte. Schließlich konnte Hammurabi sich gegen sie durchsetzen und langsam, aber mit großer politischer Klugheit sein babylonisches Reich gründen, das über das südliche udn mittlere Mesopotamien herrschte und auch einen gewissen Einfluß auf Assyrien im Norden ausübte.
Quellen
A. Millard, Schätze aus biblischer Zeit, Giessen: Brunnen-Verlag, 1986, ISBN 3-7655-5762-5 (vergriffen)
LiteraturDeutsche Übersetzungen des Kodex:
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