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König Jojachin und die babylonische Keilschrift

Die babylonischen Tonquittungen stehen im Zusammenhang mit 2. Könige 24


Robert Koldewey hatte nach den sehr erfolgreichen Ausgrabungen im alten Babylon viele seiner Funde mit nach Berlin gebracht. Seit 1899 hatte er 18 Jahre lang im Auftrag der Deutschen Orientgesellschaft in dem berühmten Ruinenhügel Babil am Euphrat gegraben. Die großartigen Funde fanden dann im heutigen Pergamon-Museum ihren neuen Platz. Hier wurden auch das Ischtar-Tor und eine babylonische Prachtstrasse wieder zusammengefügt und aufgebaut, nachdem sie aufwendig restauriert worden waren. Viele Keilschrifttexte jedoch, die man damals in der Nähe des Tores gefunden hatten, schlummerten aber in Kisten, die man gewissenhaft im Keller des Museums gelagert und gestapelt hatte. Wie wertvolle diese waren, sollte man erst Jahre später entdecken.

Nach 1933 machte sich der Assyriologe Ernst F. Weidner an die Durchsicht der Tafeln und Scherben in den Kellerräumen des damaligen Kaiser-Friedrich-Museums. Dann übersetzt er sie Stück für Stück. Sie enthielten nichts als Hoflisten, Abrechnungsbelege aus der königlichen Verpflegungskammer, Buchungen antiker Bürokratie, lauter nüchtern alltägliche Dinge. Trotzdem hockte Weidner unverdrossen Tag für Tag im Keller unter dem Ischtar-Tor und übersetzte unermüdlich.

Unversehens erfuhr seine recht eintönige Arbeit jedoch eine Belebung. Unter dem stumpfsinnigen Verwaltungskram fand Weidner unbezahlbar kostbare Notizen des antiken Amtsschimmels. In vier verschiedenen Quittungen über Lebensmittelausgaben stieß er auf einen vertrauten biblischen Namen: Ja-u-kinu - das ist König Jojachin: Ein Irrtum war ausgeschlossen, denn Jojachin wurde mit seinem vollen Rang als König des (Landes) Juda bezeichnet. Die babylonischen Tonquittungen trugen außerdem als Datum das 13. Regierungsjahr des Königs Nebukadnezar. Das bedeutet 592 v.Chr., also fünf Jahre nach dem Fall von Jerusalem und der Deportation ins babylonische Exil. Zudem hatte der babylonische Verpflegungsintendant in drei Fällen fünf Söhne des Königs aufgeführt, die der Obhut eines Dieners mit dem jüdischen Namen "Kenaiaj" anvertraut waren.

Als weitere Rationsempfänger aus Nebukadnezars Magazinen waren acht Leute des Landes Juda vermerkt, die möglicherweise zum Gefolge König Jojachins gehörten, darunter ein Gärtner mit dem Namen Salamjaama. Jojachin, der abgesetzte König von Juda, hatte samt Familie und Gefolge zu Babylon im Palast Nebukadnezars gelebt. So durfte nach der Entdeckung von Weidner geschlußfolgert und der biblische Bericht in 2.Könige 24,8-16 ergänzt werden. "Und ihm wurde stets sein Unterhalt vom König von Babel gegeben, wie es für ihn verordnet war, sein ganzes Leben lang bis an sein Ende" (Jeremia 52,34).

Auf den Tontafeln wurde genau dokumentiert, was Jojachin damals verspeiste. Insgesamt sind vier unterschiedliche Quittungen erhalten, in denen König Jojachin erwähnt ist. Eine dieser Keilschrifttafeln ist im Pergamon-Museum (Vitrine 6.3 - Abteilung Babylon) in Berlin öffentlich ausgestellt.

Eine weitere sensationelle Ergänzung zu jenem Geschehen brachte im Jahre 1955 das Studium weiteren alten Keilschrifttafeln, die unbeachtet und vergessen seit langem im Britischen Museum geschlummert hatten. Bei ihrer Entzifferung stieß der Altertumsforscher D. J. Wiseman zu seiner großen Überraschung auf folgende Meldung aus der Kanzlei des babylonischen Königs:

"Im siebten Jahr, im Monat Kislev, bot der König ... sein Heer auf und zog nach dem Lande Chatti (Syrien). Gegenüber der Stadt der Judäer warf er sein Lager auf und eroberte am zweiten Adar (16. März 597) die Stadt. Den König (Jojachin) nahm er gefangen, einen König nach seinem Herzen (nämlich Zedekia) betraute er mit ihr. Ihre schwere Abgabe nahm er und ließ sie nach Babylon bringen."

Das ist der Originalbericht der chaldäischen Chronik über die erste Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar, wie sie von der Bibel im 24. Kapitel des 2. Buches der Könige überliefert ist.


Literatur:

Werner Keller, Und die Bibel hat doch recht, Köln: Naumann & Göbel, Lizenzausgabe, o.J., S. 265

Ernst F. Weidner, "Jojachin, König von Juda, in babylonischen Keilschrifttexten", in: Mélanges syriens offerts à Monsieur René Dussaud II, 1939, S. 923-935 (Festschrift)

Augustin Bea S.J., "König Jojachin in Keilschrifttexten", in: Biblica 23, 1942, S. 78-82

Abbildung einer Tontafel des Jojachin in "Babylon - Stadt zwischen Himmel und Erde" in »Welt und Umwelt der Bibel«, Verlag Katholische Bibelwerk, Nr. 3/2005, S. 28



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Ins Netz gesetzt am 23.08.2006; letzte Änderung: am 09.06.10
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