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Die "Tontafeln von Mari"

André Parrot entdeckt 1933 den Palast von Mari.


Grafik: Lage der Stadt Mari im heutigen Syrien


Ein sensationeller Fund im Jahr 1933

Nomaden hinterlassen den Archäologen nur wenige Hinweise auf ihre Existenz. Wenn sie ihre Zelte einmal abgebaut haben, dann ist eine Feuerstelle mit verrußten Steinen vielleicht das einzige, was zurückbleibt. Deshalb kann man nur mittelbar aus den Kontakten mit den seßhaften Bauern und Stadtbewohnern etwas über sie erfahren. Dabei muß man freilich berücksichtigen, daß deren Meinung sehr voreingenommen sein kann. Einer der neueren Funde gibt uns aber nähere Aufschlüsse über die Nomaden in Mesopotamien um 1800 v.Chr.

1933 entdeckte eine Gruppe von Arabern in einem Berg am Euphrat eine Steinstatue. Sie meldeten ihren Fund, und noch vor Ablauf des Jahres begann ein französisches Archäologenteam mit der Arbeit. Teamleiter war der Franzose André Parrot, der die Arbeiten für den Louvre in Paris durchführte. Bald wurden weitere Statuen gefunden. Auf einer stand in babylonischer Sprache der Name einer Stadt: Mari. Aus anderen Berichten wußte man, daß Mari ein bedeutender Ort gewesen war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man ihn aber noch nicht gefunden. Von einigen Unterbrechungen abgesehen, dauern die Ausgrabungen Maris bis heute an.



Die Fund in Mari

Die alte Stadt Mari

Die Tempel, ein Palast, Standbilder, Inschriften und ein im Krieg vergrabener Schatz - alles aus der Zeit um 2500 v.Chr. -, sind Zeichen der Bedeutung Maris zu einer Zeit, als auch die Könige von Ur mit großer Pracht begraben wurden. Lange nach dieser Blütezeit gab es für Mari nochmals eine kurze Periode der Macht. Um 1850 v.Chr. riß ein amoritischer Stammesführer die Herrschaft über die Stadt an sich und machte sie zum Zentrum eines Königreiches, das den Handel den Euphrat entlang zwischen Babylonien und Syrien kontrollierte. Durch die Besteuerung des Handels und durch die Einnahmen aus anderen Geschäften sowie der Landwirtschaft wurden die Könige Maris so reich, daß sie sich einen gewaltigen Palast bauen konnten. Dieser Bau gilt als eine der wichtigsten Entdeckungen im Nahen Osten.

Der Palast von Mari umfaßte eine Fläche von mehr als 2,5 Hektar und hatte über 260 Zimmer, Höfe und Durchgänge. Feinde hatten ihn ausgeplündert und in Brand gesteckt. Danach begrub der Wüstensand das ganze unter sich. So konnten die Mauern von mindestens 5 Meter Höhe die Zeiten überdauern. Heute ist zum Schutz der Mauern ein Teil des Palastes überdacht. Jetzt können auch Besucher dieses höchst beeindruckende, frühgeschichtliche Gebäude betreten.

Nachdem die Räume von den ungeheuren Sandmengen wieder freigeschaufelt waren, erhofften sich die Ausgräber eine reiche Belohnung für ihre Mühe. Manche Räume waren leer. Manche waren Vorratsräume, in denen ganze Reihen von Krügen für Öl, Wein oder Korn standen. Außerdem gab es unterschiedliche Wohnbereiche. Dem König, seinen Frauen und seiner Familie standen geräumige Zimmer zur Verfügung, während die Beamten und Diener beengter untergebracht waren. Man kann sich gut vorstellen, wie die Handwerker in ihren Werkstätten beschäftigt waren, die Sekretäre in ihren Büros, die Köche an ihrem Herd. Es gab sogar Sängerinnen eigens zur Unterhaltung der ausländischen Gäste des Königs.



Die Tontafeln von Mari

Wie immer sind die schriftlichen Dokumente die aufschlußreichsten Funde. Auf dem Boden verschiedener Räume lagen Tontafeln verstreut. Einer dieser Räume war das Archiv. Im Palast von Mari fanden die Archäologen insgesamt mehr als 20.000 Keilschrifttexte.

Die Schreiber achteten offenbar auf jede Einzelheit des Palastlebens. So ist genau festgehalten worden, welche Mengen an Nahrungsmitteln, Korn und Gemüse aller Art in den Palast gebracht wurden. Mehrere hundert Tafeln geben Auskunft über den täglichen Speiseplan für die königliche Tafel.

Hunderte von Briefe informierten den König über die Ereignisse im ganzen Reich. So schreibt ein Beamter, welche Fortschritte die Herstellung von Musikinstrumenten macht, die der König bestellt hatte. Ein anderer Beamter schreibt, daß nicht genügend Gold da ist, um einen Tempel nach den Wünschen des Königs zu verschönern. In einigen Briefen findet man Berichte über Botschaften, die Propheten oder auch ganz gewöhnliche Leute von den Göttern erhalten haben. Manche raten dem König, in einer bestimmten Art und Weise zu handeln, andere sichern ihm göttlichen Schutz zu.

Die umherziehenden Nomadenstämme waren für die Offiziere der Armee ein ständiger Grund zur Sorge. Regelmäßig unterrichteten sie deshalb den König über die aktuelle Lage.

Stammesangehörige streiften zu Hunderten durch das Land. Immer wieder bedrohten sie die kleinen Bauerndörfer und sogar Mari selber. Sie störten den Verkehr auf den Handelswegen. Die ständige Anwesenheit der Streitkräfte des Königs war notwendig. In der Absicht, den Frieden zu bewahren, schloß der König mit einigen Stämmen einen Vertrag. Darin erlaubte man ihnen, sich in bestimmten Teilen des Reiches niederzulassen; ein für die ganze Geschichte Mesopotamiens typisches Vorgehen.

Die Briefe erwähnen außerdem die Namen verschiedener Stämme. Sie alle werden unter dem Oberbegriff "Amoriter" zusammengefaßt.

Als Wissenschaftler diese Texte zum ersten Mal studierten, stießen sie zu ihrer Überraschung auf Namen wie "Benjaminiter". Handelte es sich hier um den israelitischen Stamm oder um seine Vorfahren? Spätere Untersuchungen ergaben, daß dieser Name "Yaminiter" gelesen werden muß, was "Südländer" bedeutet (wie die Yemeniter im Süden Arabiens). Ein anderer Name bedeutet "Nordländer". Beide Namen scheinen auf das Ursprungsland der Stämme hinzudeuten. Einen Zusammenhang mit der Bibel scheint es nicht zu geben.



Der Begriff "David"

Ungeprüft und enthusiastisch meinte man anfangs auch, daß der Name "David" ein in Mari üblicher Titel war und "Häuptling" bedeutete. Daraus entstand die Theorie, daß der israelitische David ursprünglich einen anderen Namen besessen habe. "David" habe er erst als König geheißen. Auf diese Weise wollte man ein altes Problem lösen. Nach 1. Samuel 17 tötete nämlich David den Riesen Goliath, während nach 2. Samuel 21,19 Elhanan einen Riesen tötete. Wenn nun "David" ein Titel war, so könnte es sich bei David und Elhanan um ein und dieselbe Person handeln. Heute steht aber fest, daß dieses Wort in Mari kein Titel war und kein Zusammenhang mit dem biblischen "David" besteht. Es bedeutete soviel wie "Niederlage".



Ähnliche Namen wie in der Bibel

Außer "David" tauchen in den Tafeln aus Mari Hunderte von amoritischen Namen auf. Ähnlichkeiten mit hebräischen Namen sind reichlich vorhanden, besonders bei den Namen aus der Zeit der Patriarchen. Manchmal sind die Namen identisch, wie bei Ismael. Das muß aber nicht unbedingt ein Hinweis auf den Ismael der Bibel sein (siehe: Die Tontafeln von Ebla). Daraus schließen läßt sich lediglich, daß diese Namen zu jener Zeit vielleicht modern waren.



Das Leben in Mari

Der großartige Palast von Mari zeigt die Organisation und Bürokratie eines kleinen, jedoch mächtigen Staates. Seine Archive vermitteln unerwartete und reiche Erkenntnisse über das Leben der Nomaden im 18. Jh. v.Chr. Doch trotz der absichernden Verträge mit anderen Königen unterlag Mari nach 1760 v.Chr. den Streitkräften Hammurabis von Babylon. In späteren Zeiten entstanden in der Gegend von Mari andere blühende Städte; heute ist Abu Kemal der nächstgelegene Ort. Aber keine dieser Städte erreichte jemals wieder die einstige Größe der Königsstadt Mari.



Literatur

A. Millard, Schätze aus biblischer Zeit, Brunnen-Verlag, 1986, ISBN 3-7655-5762-5 (vergriffen)



Weitere Informationen im Internet



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Dieses Papier ist ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmt.
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Ins Netz gesetzt am 04.11.2003; letzte Änderung: 15.08.2018

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