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Der Moabitische Stein (Mescha-Stele)

- Gefunden in Dibon im Jahre 1868 von F. Klein -


König Mescha rebelliert gegen den israelitischen König

Schafe - wohin man auch sah, nichts als Schafe! Die Sekretäre des Königs waren ausgeschickt worden, um festzustellen, ob die verlangte Menge eingetroffen war. Jetzt hatten sie alle gezählt: 100.000 Schafe. Dazu gehörte auch noch 100.000 ungeschorene Böcke. Der König von Israel war zufrieden. Dies alles war der Tribut seines Untergebenen, des Königs von Moab. (2. Könige 3,4ff)

Die Moabiter ärgerten sich natürlich über diese Tributzahlungen. Sie ärgerten sich über die Herrschaft, die Israel über sie ausübte. Endlich aber kam der Augenblick der Befreiung.

Der israelitische König Omri hatte Moab unterworfen. Omri war es auch, der die neue Hauptstadt Samaria baute (1Könige 16,34f). Auch sein Sohn Ahab konnte sich gegenüber Moab behaupten. Am Ende seiner Regierungszeit verbündete er sich aber mit anderen Königen und beteiligte sich an einem erfolglosen Feldzug gegen die Assyrer. Dabei wurde er im Kampf mit dem König von Damaskus getötet (1Könige 22,29-40). Ahasja, der Sohn Ahabs, der ihm auf den Thron nachfolgte, stürzte aus dem Fenster und starb. (2Könige 1)

Jetzt bot sich Moab eine ausgezeichnete Gelegenheit, wieder seine Freiheit zu erlangen. König Mescha von Moab erhob sich gegen Israel. Ahabs zweiter Sohn Joram, der jetzt König von Israel war, wollte die Revolte niederschlagen. Er verbündete sich deshalb mit Josaphat, dem König von Juda und mit dem König von Edom. Die Koalition griff von Süden an und war zuerst den Moabitern überlegen. Etliche Städte wurden zerstört. Aber als die Verbündeten König Mescha von der Stadt Kir Heres vertreiben wollten, gelang ihnen dies nicht. Nachdem König Mescha seinen ältesten Sohn auf der Mauer opferte, zogen die Israeliten in großem Zorn über diese scheußliche Tat wieder ab. Moab war nun wieder frei. (2Könige 3)

Dieser Feldzug muß ca. zwischen 848 und 841 v.Chr. stattgefunden haben, denn diese war die einzige Zeit in der die Könige Joram und Josaphat gleichzeitig auf dem Thron saßen.


Der Bericht auf dem moabitischen Stein

All das wissen wir aus biblischen und assyrischen Quellen. Die moabitischen Berichte sind ausführlicher. König Mescha von Moab konnte die Herrschaft Israels abschütteln, einen Teil des moabitischen Territoriums zurückgewinnen und einige Städte wiederaufbauen. Darauf war er so stolz, daß er seine Taten auf eine Steintafel gravieren ließ. Diese Stele konnte man in der Zitadelle seiner Heimatstadt Dibon (im heutigen Ostjordanien) bewundern.

Der Text lautet:

»Ich (bin) Mescha, Sohn des KMS[JT], König von Moab, der Dibonite. Mein Vater war König über Moab dreißig Jahre, und ich wurde König nach meinem Vater. Und ich machte dieses Höhenheiligtum für Kamosch in Queriho als Zeichen der Rettung, denn er errettete mich vor allen Angreifern (?) und ließ mich triumphieren über alle meine Gegner.

Omri war König von Israel, und er bedrängte Moab lange Zeit, denn Kamosch zürnte seinem Lande. Und es folgte ihm sein Sohn. Und er sprach: Ich will Moab bedrängen. In meinen Tagen sprach er so, aber ich triumphierte über ihn und sein Haus. Und Israel ist für immer zugrunde gegangen. Und es hatte sich Omri des ganzen Gebietes von Madeba bemächtigt und er wohnte darin während seiner Tage und der Hälfte der Tage seiner Söhne, vierzig Jahre. Aber es wohnte Kamosch darin während meiner Tage. Und ich baute Baal-Meon (wieder auf) und errichtete die Zisterne darin. Und ich baute Kirjathon (wieder auf).

Und die Leute von Gad wohnten seit jeher im Lande von Ataroth und der König von Israel hatte Ataroth für sich gebaut. Ich griff die Stadt an und nahm sie ein. Und ich tötete alles Volk der Stadt als Darbringung für Kamosch und für Moab. Und ich brachte von dort den Altar ihres DWD und ich schleppte ihn vor Kamosch in Querejoth. Und ich ließ dort wohnen die Leute von Saron und die Leute von MHRT.

Und Kamosch sprach zu mir: Geh, nimm Nebo im Kampf gegen Israel! Da zog ich bei Nacht los und kämpfte gegen es von Tagesanbruch bis Mittag. Und ich nahm es ein und tötete alles: 7000 Männer, Klienten, Frauen, [Klien]tinnen und Sklavinnen, denn ich hatte es dem Astar-Kamosch durch Bann geweiht. Und ich nahm von dort die [Gerät]e Jahwes und schleppte sie vor Kamosch.

Und der König von Israel hatte Jahas gebaut und lagerte darin während seines Feldzuges gegen mich. Da vertrieb ihn Kamosch vor mir und ich holte aus Moab 200 Mann, alle seine Anführer. Und ich brachte sie nach Jahas und nahm es ein, um es Dibon anzugliedern.

Ich habe Qeriho gebaut, die Mauer der Parks und die Mauer der Akropolis. Und ich habe seine Tore gebaut und ich habe seine Türme gebaut. Und ich habe den Königspalast errichtet und machte die Umfassungsmauern des Becken[s für die Que]llen inmitten der Stadt. Aber eine Zisterne gab es nicht inmitten der Stadt, in Qeriho, sondern ich sprach zu allem Volk: Macht euch jeder eine Zisterne in seinem Hause! Und ich habe die Gruben hauen lassen für Qeriho durch Gefangene Israels.

Ich habe Aroer gebaut und machte die Straße am Arnon. Ich habe Beth-Ba-moth wieder errichtet, denn es war zerstört. Ich habe Beser wieder gebaut, denn es lag in Trümmern, [mit] 50 [Ma]nn aus Dibon, denn (die Leute) von ganz Dibon sind (meine) Untertanen. Und ich regierte [über] 100 in den Städten, die ich dem Lande angegliedert habe. Und ich baute [Made]ba und Beth-Diblathon und Beth-Baal-Meon (wieder auf) und trug dort davon die [. . .] Kleinvieh des Landes. Und (was) Hawronan (anlangt), (so) wohnte darin [. . . Und] es sprach Kamog zu mir: Steige hinab, kämpfe gegen Hawronan! Da stieg ich [hinab und kämpfte gegen die Stadt und nahm sie ein und] Kamosch [wohnte] in ihr in meinen Tagen. Und ... von dort. . . [.] (. .. ]ST SD Q und ic[h.. .].«

Quelle: Hrsg. K. Galling, Textbuch zur Geschichte Israels, Tübingen, 1979, S. 52

Die Inschrift berichtet weiter, wie Atarot, Jahaz und Nebo erobert wurden und deren Einwohner der Göttin Aschtar-Kamosch »geopfert« wurden, indem man die Städte zerstörte. Dieses Vorgehen war dem »Bann«, also der Überantwortung von Menschen und Dingen an Gott durch völlige Vernichtung, durchaus ähnlich (vgl. Josua 6,19). Mescha berichtet weiter, wie er die Städte Baal-Meon, Kirjatajim, Aroer, Bet-Bamot, Bezer, Medeba, Bet-Diblatajim und Bet-Baal-Meon (wieder) aufbauen ließ. Auch die königliche Zitadelle von Dibon ließ er erbauen. Aus Dankbarkeit für seinen Sieg errichtete Mescha hier ein Höhenheiligtum für seinen Gott Kamosch, ließ Vorratslager anlegen und einen Kanal zur Wasserversorgung durch israelitische Sklaven graben.

Wie viele andere königliche Inschriften aus der damaligen Zeit beginnt der Bericht auf der Stele mit der Vorstellung des Königs: "Ich bin Mescha, Sohn des Kamosch-[... ], König von Moab, der Dibonite." Die Schilderung der Ereignisse erfolgt fast durchgehend in der ersten Person.

"Ich griff an, ich erschlug, ich nahm ein, ich baute."

Der König war freilich nicht der Ansicht, daß er den Sieg ausschließlich mit eigener Kraft errungen hatte. Er erklärt, daß er das Heiligtum, in dem die Stele stand, für Kamosch, den Hauptgott der Moabiter, gebaut habe. Er nennt auch den Grund: "Denn er hatte mich errettet von allen Königen und hatte mich triumphierend blicken lassen auf alle, die mich haßten."

Mescha war der Meinung, Israel habe nur deshalb Moab unterdrücken können, weil der Gott Kamosch auf Moab zornig gewesen war. Jetzt aber hatte Kamosch ihn beauftragt, gegen Israel zu kämpfen und so Moab wieder zu befreien. Vor allem sollte er Israel die Stadt Nebo entreißen. Mescha machte sich in der Nacht auf, eroberte die Stadt und erschlug 7.000 Menschen. Er brachte die Stadt seinem Gott zum Opfer. Die Kultgeräte Jahwes, des Gottes Israels, die in der Stadt waren, raubte Mescha und weihte sie Kamosch. Er eroberte noch andere Städte. Die Gefangenen mußten als Sklaven in der Zitadelle von Dibon arbeiten.

Die Inschrift auf der Stele ist in alten phönizischen Buchstaben geschrieben, die auch für die Niederschrift des Hebräischen gebraucht wurden. Die Sprache ist ein moabitisch-kanaanitischer Dialekt und dem Hebräischen der Bücher Richter, Samuel und Könige sehr ähnlich. Auch sonst gibt es Parallelen.

Wenn Gott ihnen zürnte, dann griffen Feinde Israels an - zum Beispiel die Philister - und versklavten sie. Doch immer wieder beauftragte Jahwe Menschen - zum Beispiel die Richter, Saul und David - mit der Befreiung seines Volkes.

Wie Mescha ließen auch die Israeliten ihre gefangenen Feinde Frondienste leisten. Und wie Mescha die Stadt Nebo dem Gott Kamosch weihte, so wählte Josua Jericho aus. Alles, was sich in der Stadt befand, gehörte Jahwe.


Die Mescha-Stele und der biblische Bericht

Die Inschrift der Mescha-Stele auf den ersten Blick nicht ganz mit dem biblischen Bericht übereinzustimmen, wenn sie den Eindruck erweckt, daß Mescha sich während der Regierungszeit Ahabs von der Vorherrschaft Israels befreite, und nicht erst nach dessen Tod, wie 2Könige 1,1 berichtet.

Die Stele liest:

Omri war König von Israel, und er bedrängte Moab lange Zeit, denn Kamosch zürnte seinem Lande. Und es folgte ihm sein Sohn. Und er sprach: Ich will Moab bedrängen. In meinen Tagen sprach er so, aber ich triumphierte über ihn und sein Haus. Und Israel ist für immer zugrunde gegangen. Und es hatte sich Omri des ganzen Gebietes von Madeba bemächtigt und er wohnte darin während seiner Tage und der Hälfte der Tage seiner Söhne, vierzig Jahre. Aber es wohnte Kamosch darin während meiner Tage.

Doch bei einer genaueren Betrachtung des inschriftlichen Textes, ergibt sich eine erstaunliche Übereinstimmung mit dem biblischen Bericht.

Die Bibel stellt in 2Könige 3,5 fest "Es fielen die Moabiter ab von Israel, als Ahab tot war". Das liefert uns einen Anhaltspunkt für die Datierung des moabitischen Aufstandes. Ahab, der Vater von Joram starb 853 v.Chr., somit kann König Mescha erst nach 853 v.Chr. gegen Israeln rebelliert haben.

Meschas Bericht lautet, wie bereits oben erwähnt:

Omri war König von Israel, und er bedrängte Moab lange Zeit, denn Kamosch zürnte seinem Lande. Und es folgte ihm sein Sohn. Und er sprach: Ich will Moab bedrängen. In meinen Tagen sprach er so, aber ich triumphierte über ihn und sein Haus. Und Israel ist für immer zugrunde gegangen. Und es hatte sich Omri des ganzen Gebietes von Madeba bemächtigt und er wohnte darin während seiner Tage und der Hälfte der Tage seiner Söhne, vierzig Jahre. Aber es wohnte Kamosch darin während meiner Tage.

Die Mescha-Stele erwähnt neben Mescha, den König von Moab, der aus der Bibel bekannt ist, auch den israelitischen Omri, einen der mächtigsten Könige des Nordreiches (1Könige 16,21-28) und der von 885 bis 873 v.Chr. regierte.

Omri gründete eine Dynastie, die bis zu seinem Enkel Joram reichte, der von Jehu im Jahr 841 v.Chr. ermordet wurde. Wenn wir die Regierungsjahre von Omri, nämlich 12 (1Könige 16,32), die Jahre seines Sohnes Ahab, das sind 22 (1Könige 16,29), die Regierungsjahre von Ahabs Sohn Ahasja, nämlich 2, (1Könige 22,52) und die Hälfte der Regierungsjahre von Joram, dem Brudes des Ahasja, das sind 6 Jahre (2Könige 3,1) zusammenrechnen, dann erhalten wir eine Spanne von 42 Jahren. Thiele gibt für die gesamte Regierungszeit, die mit Omri beginnt und bis ins 6. Jahr von König Joram reicht, die Spanne von 40 Jahren an (885 - 846 v.Chr.). Somit erscheint es, daß die Rebellion des moabitischen Königs Mescha im 6. Regierungsjahr von Joram stattfand, nämlich ca. um 846 v.Chr.

Die Bibel deutet an, daß Joram sofort nach Meschas Aufstand zurückschlug, das würde uns in das Jahr 846 v.Chr. führen. Dieses Datum fällt in die Zeitspanne 848 - 841, also in die Zeit, in der Joram und Josaphat gleichzeitig regierten.

Die Mescha-Stele nennt sehr präzise die Zahl von 40 Jahren und sie erwähnt den Begriff "Söhne Omris". Da sie außerdem nicht den israelitische König nennt, unter dessen Herrschaft sich König Mescha von Israel lossagte, besteht kein Grund, zwischen der Stele und dem biblischen Bericht einen Widerspruch zu sehen. Die Berichte ergänzen sich vielmehr gegenseitig, da sie die Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven wiedergeben.

Eine etwas andere Deutung der Mescha-Inschrift bietet "Der Neue Bibelatlas". Er geht aber von einer anderen Übersetzung aus, und liest er in der entsprechenden Zeile statt "seiner Söhne" nur den Singular, nämlich "seines Sohnes":

"Omri war König von Israel, und er bedrängte Moab lange Zeit, denn Kamosch zürnte seinem Lande. Und es folgte ihm sein Sohn. Und er sprach: Ich will Moab bedrängen. In meinen Tagen sprach er so, aber ich triumphierte über ihn und sein Haus. Und Israel ist für immer zugrunde gegangen. Und es hatte sich Omri des ganzen Gebietes von Madeba bemächtigt und er wohnte darin während seiner Tage und der Hälfte der Tage seines Sohnes, vierzig Jahre".


Im "Neuen Bibel Atlas" ist zu lesen:

"Die Inschrift scheint dem biblischen Bericht zu widersprechen, wenn sie behauptet, daß Mescha sich während der Regierungszeit Ahabs von der Vorherrschaft Israels befreite, und nicht erst nach dessen Tod, wie 2Könige 1,1 berichtet. Denkbar wäre, daß Ahab während der Kämpfe mit den Aramäern die Kontrolle über Moab verlor und Mescha Moab von da an als unabhängig bezeichnete. Für den biblischen Chronisten gilt Moab erst dann als unabhängig, als der Versuch Jorams, des Sohnes Ahabs, die Kontrolle über Moab zurückzugewinnen, fehlgeschlagen war (2Könige 3, vgl. 3,27). Die moabitische Version ist vor allem auch deswegen aufschlußreich, weil sie die erneute Unterwerfung Moabs durch Omri konstatiert. Moab war nämlich schon einmal von David unterworfen worden (2Samuel 8,2), aber nach der Reichsteilung ging die Kontrolle über Moab verloren."


Ergänzend sei noch der Kommentar von Allan Millard zitiert:

"Die Schwierigkeiten der Textauslegung sind nicht erstaunlich, wenn man das Alter der Texte bedenkt. Außerdem wurden hier Ereignisse von gegensätzlichen Standpunkten aus beschrieben. Mescha erwähnt nicht, wie der israelitische König hieß, zu dessen Regierungszeit er seinen Sieg errang. Zum Verdruß der Historiker sind seine Angaben sehr ungenau. "Omri hatte das ganze Land von Madeba in Besitz genommen, und (Israel) saß darin während seiner Regierung und des Abschnittes der Regierungszeit seiner Söhne vierzig Jahre lang."

Omri regierte aber zwölf Jahre lang (etwa von 884 bis 873 v.Chr.), sein Sohn Ahab zweiundzwanzig Jahre (etwa von 873 bis 853 v.Chr.) - insgesamt also wesentlich weniger als vierzig Jahre. Sollen wir die Angaben auf der Stele von "vierzig Jahre" als eine aufgerundete Zahl verstehen oder als "eine Generation"? Bedeuten die Worte "Söhne" und "Abschnitt" einfach "Nachfolger" und "Teil"?

Tatsächlich enden die vierzig Jahre - von Omris Herrschaft aus gesehen - in der Regierungszeit Jorams (um 852 bis 841 v.Chr.), dem Sohn Ahabs, dem es nicht gelang, Moab zurückzuerobern (2Könige 3). Vielleicht ließ Mescha sein Monument wenig später anfertigen."


Die Geschichte des Fundes der Mescha-Stele

Meschas Gedenktafel, die heute unter dem Namen "Moabiterstein" oder "Mescha-Stele" bekannt ist, steht jetzt im Louvre in Paris. Eine Kopie der Mescha-Stele steht im Museum von Amman.

Die Stele ist 115 hoch, 58 cm breit und 6 cm dick , an der oberen Schmalseite abgerundet und mit 34 Zeilen beschrieben. Heute besteht sie aus einer Anzahl übel zugerichteter, schwarzer Basaltfragmente. Dennoch war sie - als man sie fand - noch fast vollständig. Die Geschichte ihrer Entdeckung demonstriert die Gefahren, die es für viele frühgeschichtliche Monumente gibt.

1. Bericht

Am 19.8.1868 fand der elsäßsische Missionar F. Klein die Stele in Dibon. Ein arabischer Scheich namens Zattam zeigte ihm eine Platte, die in den Trümmern von Dibon gefunden und ursprünglich anscheinend in ein anderes Bauwerk eingefügt worden war. Klein schrieb einige Wort ab und unterrichtete Dr. Petermann, den deutschen Konsul, von diesem Fund. Während der deutsche Konsul verhandelte, um den Stein für die Berliner Museen zu erstehen, versuchte der französische Konsulatsangehörige C.S. Clermont-Ganneau, den Stein für den Louvre in Paris zu erwerben. Dieser hatte nämlich im folgenden Jahr nach dem Funde in Jerusalem die arabische Kopie einiger Zeilen der Inschrift erhalten. Er erkannte, wie wichtig der Stein war. Er fertigte zuerst den Papierabdruck der gesamten Inschrift an und setzte dann alles daran, um den Stein zu kaufen.

Untern den Beduinen, die den Wert des Steines erkannt hatte, entbrannte aber ein Streit, als sie den Preis in die Höhe treiben wollten. Türkische Beamten griffen ein, aber die Beduinen zündeten ein Feuer unter der Steinplatte an, gossen Wasser darauf und sprengten den Stein in viele Brocken, die sie als Glücksbringer mitnahmen oder einzeln verkauften.

Clermont-Ganneau sammelte alle Stücke ein, die er finden konnte - ca. zwanzig Bruchstücke -, und kaufte sie den Dörflern ab. Obwohl er nur etwa drei Fünftel der Teile wiederfand - von den geschätzten 1100 Buchstaben wurden 669 gerettet - , konnte er die fehlenden Stücke anhand seines Papierabdruckes rekonstruieren und den gesamten Text bis auf wenige Stellen voll rekonstruieren und entziffern. So gelang es ihm, die Geschichte von Meschas Triumph zu lesen. (Quelle: Udo Worschech, Das Land jenseits des Jordan; Großes Bibellexikon, Band 2)

2. Bericht

Im Jahre 1868 bereist der deutsche Missionar Klein das Heilige Land, um die biblischen Stätten zu besuchen. Sein Weg führt ihn dabei durch das Gebiet östlich des Jordan bis nach Moab. Dort nimmt er Quartier und macht in kurzen Tagesritten Abstecher in die Umgebung.

Auf einem solchen Ritt fällt ihm in der Nähe der Stadt Diban, dem biblischen Dibon oder Dimon, ein schwarzer, behauener Stein auf, der, zur Hälfte im Sand vergraben, umgestürzt am Wege liegt. Er steigt vom Pferd und richtet den Stein mühsam auf. Es ist ein schwarzer Basalt von Form und Größe eines Grabdenkmals, etwa ein Meter hoch und gut 60 Zentimeter breit. Auf der geglätteten Vorderseite scheinen Schriftzeichen eingegraben, und der Missionar beginnt mit Hilfe seines Taschenmessers den Sand aus den Rillen zu kratzen. Was zum Vorschein kommt, versetzt ihn augenblicklich in höchste Erregung: ein geschlossener Text von 34 Zeilen in einer Schrift, der man ihr ungeheures Alter auf den ersten Blick ansieht. Klein erkennt sie als Althebräisch, aber die einzelnen Buchstaben sind von einer Form, wie er sie nie zuvor gesehen hat. Dieser Stein muß älter sein als alle anderen hebräischen Schriftdenkmäler.

Während der Missionar noch in staunende Betrachtung vertieft ist, schrecken ihn plötzlich Hufgetrappel und laute Rufe auf. Im Nu ist er von einer Rotte berittener Beduinen umringt, die drohend ihre Waffen schwingen. Sie lassen keinen Zweifel daran, daß sie den Stein als ihr Eigentum betrachten und argwöhnen, der Fremde könnte ihn entwenden. Es ist unwahrscheinlich, daß die Wüstensöhne dem Basaltblock irgendeine Bedeutung zuschreiben, viel wahrscheinlicher ist es, daß sie die Überraschung des Reisenden bemerkt und sogleich ein Geschäft gewittert haben. Klein spürt das und fragt die Araber nach dem Preis, den sie für den Findling fordern. Sie nennen eine enorme Summe. Klein weiß, daß er dieses Geld nur mit Hilfe großzügiger Helfer aufbringen kann, und beschränkt sich vorerst darauf, eine genaue Skizze von dem Fundort anzufertigen. Dann kehrt er in sein Quartier zurück und packt seine Sachen. Auf geradem Wege fährt er nach Deutschland zurück und beginnt hier, nach Geldgebern zu suchen, die den Ankauf des bedeutsamen Steines ermöglichensollen. Ehe er zu einem Erfolg gelangt, kommt ihm ein anderer zuvor.

Der französische Handschriftenspezialist Clermont-Ganneau hat von der Entdeckung des Deutschen gehört. Er macht sich auf die Suche und findet das Monument ebenfalls. Auch er kann es nicht aus eigenen Mitteln erwerben, aber es gelingt ihm, einen Papierabklatsch in der Form eines Klischees von den Schriftzeichen zu machen. Mit diesem Dokument kehrt er nach Frankreich zurück und legt der staunenden Gelehrtenwelt nach kurzer Zeit die Übersetzung vor. Die Inschrift auf dem Basaltstein berichtet von dem Sieg des Königs Mescha von Moab über Israel. Im zweiten Buch der Könige ist im dritten Kapitel von diesen Vorgängen die Rede. Sie ereigneten sich um das Jahr 850 vor Christus. Der Stein ist rund 2700 Jahre alt! Das älteste Schriftzeugnis auf dem Boden Kanaans!

Sofort stellt die französische Regierung die erforderlichen Mittel zum Ankauf zur Verfügung, aber als Clermont-Ganneau nach einer Blitzreise an den Ort seines Fundes zurückkommt, ist der Platz leer. Beduinen haben den Stein in Stücke gesprengt, um die einzelnen Teile desto teurer verkaufen zu können.

Tatsächlich bleibt dem Franzosen nichts anderes übrig, als nach jedem Fragment einzeln zu forschen und jedes Stückchen für teures Geld einzukaufen. 20 Bruchstücke trägt er auf diese Weise mit Zähigkeit und Ausdauer zusammen, der Rest bleibt für immer verschollen. Immerhin gelingt es aufgrund des vorhandenen Klischees, das Monument zusammenzusetzen und die fehlenden Teile zu rekonstruieren. Im Museum des Louvre in Paris, im Erdgeschoß, unfern der Crypte Sully, findet er Aufstellung.

Der "Moabiterstein" ist das einzige Monument dieser Art, das man aus Israel, Juda, Edom, Moab oder Ammon kennt. Wenn es - wie anzunehmen - noch andere gab, dann warten sie entweder noch auf ihre Entdeckung oder sind bereits zerstört; ein Schicksal, das auch der "Mescha-Stele" beinahe widerfahren wäre. (Quelle: Wegener, 6000 Jahre und ein Buch; Werner Keller, Und die Bibel hat doch recht, S. 229f)



Die Schrift der Stele

Die Schrift der Stele ist phönizisch-altherbräisch. Sie ist bemerkenswert entwickelt, mit einer Tendenz zur Kursive und Vereinfachung.

Singulär ist, daß sowohl Wörter wie Sätze getrennt werden, die Wörter durch Punkte, die Sätze durch Striche.



Literatur - Online-Infos - Grafiken

Der neue Bibelatlas, Wuppertal: R. Brockhaus-Verlag, 1992 (sehr schöne Abbildung des Textes und des Steines)

Das große Bibellexikon, Band 2, Wuppertal: R. Brockhaus-Verlag, 1988

Hrsg. Kurt Hennig, Jerusalemer Bibellexikon, Filderstadt: Hänssler-Verlag, 1990

A. Millard, Schätze aus biblischer Zeit, Gießen: Brunnen-Verlag, 1986

Udo Worschech, Das Land jenseits des Jordan, Wuppertal: R. Brockhaus, 1991 (sehr ausführlich)



Text mit Übersetzung und Kommentar

H. Donner und W. Rölling, Kanaanäische und aramäische Inschriften, I, 1962-64) Nr. 181

Übersetzung: H. Greßmann, Altorientalische Texte zum Alten Testament (1926, 2. Auflage), S. 440ff

K. Galling, Textebuch zur Geschichte Israels (1979, 3. Auflage), S. 51-53



Über den Fund des Steines

Zeitschrift "Archaeology and Biblical Research", Winter 1991:2-3

Günther Wegener, 6000 Jahre und ein Buch, Kassel: Oncken Verlag, 1985

Udo Worschech, Das Land jenseits des Jordan, Wuppertal: R. Brockhaus, 1991

Werner Keller, Und die Bibel hat doch recht, Köln: Naumann & Göbel, Lizenzausgabe, o.J., S. 229



Englische Literatur

A. Dearman, Studies in the Mesha Inscription and Moab, Atlanta: Scholars Press, ed. 1989

A. Lemaire, "House of David Restored in Moabite Inscription". Biblical Archaeology Review 20/3: 30-37, 1994.

E.R. Thiele, The Mysterious Numbers of the Hebrew Kings, Grand Rapids MI: Zondervan, 1983.

W.F. Albright, "Ancient Near Eastern Texts relating to the Old Testament ed. by J.B.Pritchard (1955), S. 320f

J.C.L. Gibson, Textbook of Syrian Semitic Inscriptions I (1971), S. 71-84



Englische Online-Infos

What does the Moabite Stone reveal about the revolt of Mesha? © www.christiananswers.net

Englische Übersetzung des Textes der Mescha-Stele © K.C.Hanson



Online Übersetzungen

s/w Grafik des Textes der Mescha-Stele © www.archiv-vegelahn.de (großes Bild ca. 1 MB; 1492 x 2342 pixel)



Grafik der Stele

Grafik des moabitschen Steines (Kopie des Originals) © Wikipedia



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Ins Netz gesetzt am 23.2.2004; letzte Änderung: am 15.02.2023
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