"Aber die sind doch schon Christen?!"

Zur Notwendigkeit von Mission im "christlichen" Europa




Der auferstandene Jesus Christus hat seiner Gemeinde den Auftrag zur Weltmission gegeben. Gilt dies auch für Europa, wo sich die Mehrheit der Menschen als Christen versteht? Ist der Missionsauftrag hier nicht bereits hinreichend ausgeführt? Aus Irland kamen doch die Missionare, die vor 1.500 Jahren Mitteleuropa evangelisierten. Und gehörten nicht Griechenland und Italien zu den ersten Zentren der Kirchen? Gibt es noch Bedarf an Mission im christlichen Europa, so fragen viele Zeitgenossen.



Nur Jesus rettet

Jesus lehrte klar, dass es nur in ihm Erlösung gibt: "Wer an den Sohn (Jesus) glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm" (Jo. 3,36; vgl. Jo. 3,18; 1. Jo. 5,12). Nicht Religion oder Frömmigkeit, auch nicht der Glaube an "den einen Gott" rettet aus Sünde und Tod (Jak. 2,19), sondern nur Jesus. So bekennt Petrus vor dem Hohen Rat der Juden (die den wahren Gott Jahweh kannten und verehrten): Es ist in keinem anderen Heil als in Jesus (Apg. 4,12). Nur Jesus rettet, keine Kirche und keine Tradition. Dieses Evangelium muss überall verkündigt werden, auch im vermeintlich "christlichen" Europa.



Persönlicher Glaube an Jesus

Wer an Jesus glaubt, der hat das ewige Leben (Jo. 3,18; 3,36). Ein sachliches Anerkennen von religiösen Tatsachen oder Inanspruchnehmen von Sakramenten reicht nicht aus. Errettung gibt es nur im persönlichen Glauben an Jesus Christus. Die Bibel warnt die Gottesfürchtigen, ihre Zugehörigkeit zum Volk Gottes als Heilsgarantie zu sehen (Mt. 3,9; Rö. 2,28). Menschen werden sogar in Jesu Namen weissagen, Dämonen austreiben und Wunder vollbringen - und doch kennt Jesus sie nicht, und sie sind verdammt (Mt. 7,22; 24,5). Nicht die Zugehörigkeit zu einer Kirche rettet, auch nicht das Vertrauen auf die Wirksamkeit von Sakramenten, sondern nur die persönliche Beziehung zu Jesus. Diese Botschaft gilt es auch unter Menschen zu verkündigen, die sich als Christen verstehen.



Für mich wirksam

Diese biblische Wahrheit möchte ich mit einem Medikament vergleichen: Solange ich nur von seiner Wirkung überzeugt bin, es aber nicht einnehme, kann es seine heilende Wirkung nicht entfalten. Die richtige Erkenntnis über die Wirksamkeit des Medikamentes nützt mir nichts. In gleicher Weise werden die objektiven Heilstaten Gottes, dass Jesus vor 2000 Jahren für die Sünde der ganzen Welt (und für meine Sünde) gestorben und er für mich auferstanden ist, erst dann für mich wirksam, wenn ich sie im Glauben annehme. Ich muss Gottes Geschenk vertrauensvoll annehmen. Seine Verheißungen sind wie ein Scheck, den es auf der Bank einzulösen gilt. Bis dahin ist er bloß ein Stück Papier; ich habe nichts von dem Wert, sondern lebe weiterhin in Armut. Mission will dazu einladen, dass Menschen die Zusagen Gottes einlösen, und das, was ihnen vielleicht wissensmäßig bekannt ist, Realität in ihrem Leben wird.



Eine lebendige Beziehung zu Gott

Glauben heißt vertrauen. Darum hat Mission nichts gemein mit Zwang oder Proselytieren. Es geht nicht darum, Menschen zu einem Wechsel ihrer Religion oder Kirche zu bewegen, schon gar nicht durch Manipulation und Überredung. Es ist nicht das Ziel, Katholiken zu Evangelischen zu machen, orthodoxe Christen zu Baptisten oder Mitglieder von Landeskirchen zu Freikirchlern - sondern dass Menschen zu einer persönlichen Beziehung mit Gott finden und sich dann aus Dankbarkeit ihm und seinem guten Willen voll anvertrauen. Diese Botschaft gilt für Lutheraner in Island genauso wie für Katholiken in Spanien, Orthodoxe in Griechenland und Baptisten in Deutschland. Solange es noch Menschen gibt, die die Vergebung ihrer Sünden und das neue Leben in Jesus Christus noch nicht kennen, ist Mission noch nötig - gerade auch in Europa.



Kein Alleinvertretungsanspruch

Mission wird stets den persönlichen Glauben von Menschen ernst nehmen, christliche Kirchen vor Ort wahrnehmen und die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit ihnen ausloten. Bestehende Kirchen können aber kein Monopol für ihre geographische Region reklamieren, als hätten sie das Alleinvertretungsrecht für die Verkündigung des Evangeliums - insbesondere wenn sie das Evangelium nicht zu den Menschen auf der Straße tragen und ihnen zu einer lebendigen Beziehung zu Gott verhelfen. Menschen sind auf dem Weg zu ewiger Verlorenheit. Sie brauchen die Erlösung in Jesus Christus.



Vielfalt von Gemeinden

Jede christliche Gemeinde hat ihre eigene Prägung, Gottesdienstformen, Frömmigkeitsstil und theologischen Besonderheiten. Für manche sind sie sehr wertvoll, aber nicht für alle. Nicht jede Gemeinde ist die richtige für jede Person. Darum braucht jede lokale Gemeinde auch die Ergänzung durch Gemeinden anderer Prägung, um alle Menschen in ihrer Verschiedenheit zu erreichen, nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung.



Säkularisierung Europas

Europa hat sich weit entfernt von seinen christlichen Wurzeln und frönt heute dem Materialismus, Individualismus, Agnostizismus und der Selbstverwirklichung. Glaube ist Privatsache geworden, eine Sache persönlicher Präferenzen. Dies hat schwere ethische, seelische, soziale und politische Folgen für die Menschen. Gottes Gebote werden mit Füßen getreten; altes germanisches Heidentum erwacht wieder. Man frage nur einmal auf der Straße nach der Bedeutung von Ostern oder nach einer biblischen Gestalt. In Leipzig gehören noch acht Prozent der Bevölkerung einer christlichen Kirche an - Christen sind zu einer kleinen Minderheit in Europa geworden. In Politik und Medien werden sie kaum noch wahrgenommen. Europa ist zum Missionsland geworden.



Volkskirchentum

Zudem nimmt nur noch eine kleine Minderheit der Kirchenmitglieder am Gemeindeleben teil. Der Gottesdienstbesuch in Deutschland bewegt sich bei vier Prozent der ev. Kirchenmitglieder und sechs Prozent der römisch-katholischen. Christsein beschränkt sich vielfach auf Weihnachten, Taufe, Hochzeit und Beerdigung; kirchliches Leben ist nicht selten zur Tradition erstarrt. Bibellesen und persönliches Gebet wird kaum praktiziert; Glaube hat im Alltag wenig Bedeutung. Europa ist zum geistlichen Notstandsgebiet geworden. Mission ist gefragt.



Eines der bedürftigsten Missionsgebiete

Die Zahl der bibel-gläubigen Christen ist in Europa besonders gering. Patrick Johnstone (Gebet für die Welt, Hänssler-Verlag 1996) gibt folgenden Prozentsatz für "evangelikale" Christen an:

  • Luxemburg 0,15 %,
  • Polen 0,15 %,
  • Kroatien 0,18 %,
  • Belgien 0,32 %,
  • Österreich 0,5 %,
  • Frankreich 0,6 %,
  • Spanien 0,8 %,
  • Irland 0,9 %,
  • Portugal 1,0 %,
  • Italien 1,0 %,
  • Bulgarien 1,2 %.

Nach den streng islamischen und einigen asiatischen Ländern sind dies die niedrigsten Werte weltweit und viel geringer als diejenigen von klassischen Missionsländern wie

  • Kenia 34 %,
  • Chile 27 %,
  • Uganda 25 %,
  • Guatemala 23 %,
  • Papua Neu Guinea 22 % oder
  • Brasilien 18 %.

Daran wird deutlich, wie wenige bewusste Christen es in Europa gibt. In Deutschland (3,2 %) ist ihre Zahl bereits gering - aber in etlichen Nachbarländern noch viel geringer, so dass diese Gemeinden dringend unserer Unterstützung bedürfen.



Eines der schwierigsten Missionsgebiete

Oft gibt es wenig Interesse an geistlichen Fragen - Menschen scheinen immunisiert gegen das Evangelium, so dass Mission ein mühevolles Ringen um einzelne Menschen ist, ihnen in Liebe und Geduld nachzugehen. Da gibt es keine großartigen Erfolge. Europa stellt damit eines der schwierigsten Missionsfelder weltweit dar.



Institutionalisierung des Christentums

Dazu hat sicher auch beigetragen, dass das Evangelium im frühen Mittelalter in die Obhut von "besonders heiligen" Fachleuten (Priester, Mönche, Theologen) gestellt wurde, um es vor Missbrauch zu schützen. Das Evangelium wurde dadurch den Menschen weggenommen und in starre Strukturen gegossen. Geistliche Unmündigkeit der Christen ist die Folge. Dies steht im krassen Gegensatz zur Lehre Jesu, dass das Evangelium den einfachen Menschen gehört (Mt. 11,25; 1. Ko. 2,7) und selbst die Kinder es verstehen können (Mt. 18,2f; 19,14). Gottes Geist hat zwar immer wieder Erweckungen geschenkt - doch in vielen Regionen ist das geistliche Leben erstorben und bedarf der Erneuerung.



Weltmission vor der Haustür

Zudem hat Europa heute eine große kulturelle Vielfalt gewonnen: Unsere Städte sind zur Heimat für Menschen aus vielen Ländern geworden. In unserer Nachbarschaft leben afrikanische Asylbewerber, bosnische Flüchtlinge, türkische Gastarbeiter, chinesische Studenten, arabische Geschäftsleute, philippinische Krankenschwestern, indische Computerexperten... Manche kommen als reife Christen und stellen eine große Bereicherung für unsere Gemeinden dar - andere hatten in ihrer Heimat nie eine Chance, das Evangelium zu hören. Ihnen gilt es, das Evangelium zu bringen: Weltmission vor der Haustür, im Herzen Europas.



Machet zu Jüngern

Der Missionsauftrag Jesu lautet: "Machet zu Jüngern..." (Mt. 28,18-20). Dies ist viel mehr als Gottesdienstbesuch und Teilnahme am Gemeindeleben. Es heißt, Jesus Herr sein lassen im Alltag, alle Lebensbereiche unter seine Ordnung zu stellen (Jo. 10,14 & 27), eine ganz innige Beziehung zum Herrn (Jo. 15,5). Im Missionsauftrag sagt Jesus: "Und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe" (Mt. 28,19). Ein oberflächliches Christsein wird dem Auftrag Jesu nicht gerecht.



Mehr als Evangelisation

Jesu besonderes Anliegen galt seiner Gemeinde (Mt. 16,18; Jo. 17,20f)), dem Leib Christi, der Versammlung der Gläubigen, Zeichen seiner erlösenden Kraft. Jeder Gläubige soll darin seinen Platz finden, mit seinen Gaben dienen und die Ergänzung und Ermutigung durch andere erfahren (1. Kor. 12, Rö. 12; Eph. 4). Nur in einer lebendigen, verbindlichen Gemeinschaft kann sich unser Glaube voll entwickeln. Ein privates Christsein außerhalb der Gemeinde gibt es nicht. Es ist Jesu Wille, dass seine Gemeinde (wie auch immer sie sich nennen mag) gebaut wird. Solange sie nicht erwachsen ist und ein Segen für ihre Stadt darstellt, bedarf es der Mission.



Mission von überall nach überall

Mission ist keine Einbahnstraße von Westeuropa nach Afrika, sondern eine weltweite Partnerschaft (Rö. 1,11; 15,24). Gemeinden helfen sich gegenseitig im Dienst und befruchten sich. So brauchen wir in Deutschland afrikanische Evangelisten, koreanische Bibellehrer, brasilianische Studentenmissionare und amerikanische Gemeindegründer ... und sollen gleichzeitig am Bau der Gemeinden in anderen Ländern beteiligt sein.



Re-Missionierung Europas

Die Notwendigkeit von Mission in Europa wird von Christen in vielen Ländern erkannt. Südkorea hat bereits 288 ev. Missionare (im Jahr 2000) nach Deutschland entsandt. Es stellt damit eine der höchsten Prioritäten dar. Die Remissionierung Europas wird als eine der größten Herausforderungen der Weltmission im 21. Jahrhundert erkannt. Folgen wir ihrem Beispiel? Jesus sagt: Gehet hin in alle Welt. Dazu gehört auch Europa, eines der bedürftigsten und schwierigsten Missionsgebiete unserer Zeit. Doch der Herr ist der gleiche. Er baut seine Gemeinde - auch in Europa. Und er gebraucht dazu Botschafter aus Fleisch und Blut, Menschen die sich ihm zur Verfügung stellen. ER ist der Herr der Mission, und Mission ist sein Herzensanliegen.

Copyright © 2002 by Dr. Detlef Blöcher (DMG)

Deutsche Missionsgemeinschaft, Buchenauerhof, D-74889 Sinsheim
Tel. (0 72 65) - 95 90    FAX: (0 72 65) - 95 91 09

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Original-URL: http://www.theologische-links.de/downloads/mission/berufung_in_die_mission.html




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Letzte Änderung: 02.06.2010
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