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Ökumenische Abendmahl?

von Martin Benhöfer [ 1 ]

Ökumenischer Kirchentag 2003" in Berlin - und die Verstimmung ist vorprogrammiert, denn der Papst verbietet die gemeinsame Abendmahlsfeier von Katholiken und Protestanten. Warum?

Ginge es nach der Mehrheit der Deutschen, dann wäre die Gemeinschaft am Altar zwischen "evangelisch" und "katholisch" kein Problem mehr, denn: "Die Mehrheit der Deutschen hält die Trennung der katholischen und evangelischen Kirche nicht mehr für zeitgemäß, wie eine polis-Umfrage ergab. Es gebe für die Trennung keine guten Gründe mehr, meinten 57 Prozent der Befragten. Bei den Katholiken waren sogar zwei Drittel (66 Prozent) dieser Meinung, bei evangelischen Christen etwas weniger (60 Prozent)" (dpa-Meldung in der Allgemeinen Zeitung Uelzen vom 28.5.2003).

Und so gibt es auf dem Kirchentag "ökumenische" Abendmahlsfeiern - als Protestsignal in Richtung Rom und als Demonstration des (Kirchen-)Volkswillens.

Dass das entkirchlichte Volk in Deutschland keine Ahnung mehr von den Unterschieden zwischen katholisch und evangelisch hat - geschweige denn von den (erfolgreich totgeschwiegenen) tiefen Gräben innerhalb des Protestantismus, das muss ja nicht verwundern. Dass der Wissens-Schwund allerdings unter den Kirchenmitgliedern noch größer ist als im Gesamt-Volk, das lässt mir denn doch einen Schauer über den Rücken rieseln. Auch die Äußerungen der an der Abendmahlsfeier in der Berliner Gethsemane-Kirche beteiligten oder teilnehmenden Theologen bestätigen meinen Verdacht, dass hier ein Abendmahlsverständnis vorliegt, bei dem biblische Bezüge nur noch als Vorwand dienen für das, was man auf alle Fälle will: Die Gemeinschaft am Altar.

Gewiss: Die Trennung ist nicht mehr "zeitgemäß". Aber vielleicht ist sie ja "Jesus-gemäß", vielleicht ist sie ja nötig um der Wahrheit willen? Fragt auch mal jemand, ob sich die Sehnsucht nach dieser Art von kuscheliger Kirchen-Einheit deckt mit dem, was Jesus Christus selber wollte, als er für seine Kirche Einheit und Wahrheit und Liebe wollte, aber nicht eins auf Kosten des anderen? Fragt auch mal jemand, ob das Abendmahl nicht doch sehr viel mehr ist als die liturgische Variante von "Piep, piep, piep, wir ham uns alle lieb"?

Es liegt mir fern, den Papst zu verteidigen. Ich teile als an die Heilige Schrift und das lutherische Bekenntnis gebundener Christ sein Verständnis des Abendmahls nicht. Ich halte nichts von der römischen Lehre, dass in jeder Messe der geweihte Priester - und nur der - Jesus Christus erneut opfert, um damit die Versöhnung der Gläubigen mit Gott zu vollziehen. Deshalb würde ich an einer solchen Feier nicht teilnehmen, denn dann würde ich mich ja in die Gemeinschaft derer stellen, die diese Lehre teilen, die nach meiner Überzeugung eine Irr-Lehre ist. Recht hat der Papst aber da, wo er betont, dass es ohne Einheit des Glaubens keine Einheit am Altar geben kann. Zusammenzukommen und zu sagen: "Was kümmern uns die alten Gegensätze, wir machen`s einfach gemeinsam", das dient weder der Einheit (denn es überdeckt die Gegensätze anstatt sie auszuräumen) noch dient es der Wahrheit (nach der einfach nicht mehr gefragt wird ) noch dient es der Liebe (weil Unwahrhaftigkeit und Liebe sich ausschließen).

Der Tisch des Herrn ist darüber hinaus kein Aufmarschplatz für Demonstranten. Wer mit seinem Gang zum Altar etwas anderes bezweckt als das, wozu Christus selber das Abendmahl eingesetzt hat (etwa die Protest-Demo gegenüber der Kirche, um "denen da oben" zu zeigen, was man von ihrer Zögerlichkeit hält), der gerät in die Gefahr, sich das Abendmahl nicht zum Heil, sondern zum Unheil zu nehmen - wie ein missbrauchtes Medikament. Am Altar soll niemand etwas anderes suchen als die Vergebung seiner Sünden durch den Leib Christi im Brot und das Blut Christi im Wein. Viele mögen dies ja auch beim "ökumenischen" Abendmahl suchen. Nach der eindeutigen Überlieferung im Neuen Testament ist es jedoch Sünde, gemeinsam Abendmahl zu feiern, ohne Gegensätze, Streit und Spannungen überwunden zu haben. Vorher! Das Mahl selber ist kein Vehikel zur Einheit. Man mag das bedauern oder sich anders wünschen, aber die Heilige Schrift selber gibt nichts anderes her.

Die Reformation Luthers entstand nicht zuletzt am Entsetzen über die römische Messopfer-Lehre, die mit der Heiligen Schrift nicht viel zu tun hat. Wer also als Protestant an einen katholischen Altar geht, muss wissen, was er tut. Wer katholische Gläubige an einen lutherischen Altar einlädt, muss wissen, dass er damit auch die Grundlagen der Reformation preisgibt. Wer "ökumenisch" Abendmahl feiern will, muss wissen, dass er damit weder die katholische noch die biblisch-lutherische Lehre ernst nimmt, die sich allein an die Einsetzung des Abendmahls durch Christus bindet. Für lutherische Christen, die ihre Grundlagen ernst nehmen, gibt es hier keinen Spielraum.

Dass die Trennungen in der Christenheit schlimm sind, ist keine Frage. Dass sie von Christus nicht gewollt sind, muss nicht betont werden. Sie sind Auswüchse menschlicher Sünde und Schuld. Sie dürfen die Kirchen nicht ruhen lassen. Aber "zeitgemäß" so zu tun, als wären sie unerheblich und würden nur noch von "denen da oben" in Rom oder sonstwo hochgespielt, das ist kein Weg aus der Misere, sondern nur ein Weg aus der oft mühevollen Verantwortung für eine eigene konfessionelle Position.

Nüchtern betrachtet gibt es keinen anderen Weg, als die jeweils andere Überzeugung in Sachen Abendmahl zu respektieren und die eigene nicht zu verleugnen, sondern zu vertreten - in der Gewissheit, dass Gott auch in dieser Frage Rat weiß, wo Menschen keinen wissen.

Vielleicht wird die Spaltung der Christenheit erst im Himmel überwunden. Endgültig sein wird sie jedenfalls nicht. Und wenn wir heute in unserer Christenheit getrennt Abendmahl feiern, dann darf uns das daran erinnern, dass nur Gott selber Einheit schaffen kann - und dass er sie auch schaffen wird. Wenn unsere Abendmahlsfeiern die Sehnsucht nach dieser Einheit wach halten, dann ist der Einheit der Kirche in Liebe und Wahrheit viel mehr gedient als mit jedem "ökumenischen" Abendmahl, das doch zutiefst das nicht sein kann, was zu sein es vorgibt.

[ 1 ] Martin Benhöfer ist Pfarrer der Selbständigen Evangelischen Lutherischen Kirche (SELK) in Ülzen.



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Copyright (C) 2003 by M. Benhöfer
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Ins Netz gesetzt am 24.10.2003; letzte Änderung: am 22.03.2013
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