Das alte Babylon und seine HerrlichkeitDer deutsche Archäologe Robert Koldewey gräbt Babylon aus (ab 1899)Neues Leben in BabylonJahrhundertelang hatten die Menschen in den Trümmerhügeln des alten Babylon die harten Ziegel ausgegraben. Mit diesem bewährten anitken Baumaterial wurde neue Dörfer entlang dieses Abschnittes des Euphrat gebaut. So ist auch die Stadt Hilla fast nur mit babylonischen Ziegeln gebaut worden. Obwohl die Archäologie auf diese Weise großen Schaden litt, war das alte Babylon so groß gewesen, daß dennoch für die Gegenwart viel erhalten blieb. Claudius James Rich (1787-1820) war einer der ersten, der nach dem alten Babylon forschte. Rich war 1808 britischer Resident - was etwa dem Konsul entspricht - in Bagdad geworden und suchte zahlreiche archaische Stätten im Irak auf. 1811 führte er eine topographische Aufnahme Babylons durch, und seine weiteren Untersuchungen dort, die er 1818 publizierte, »erschöpften alle Untersuchungsmöglichkeiten, die ohne Ausgrabungen gegeben sind«. Richs Altertümersammlung ging 1825 in den Besitz des Britischen Museums/London über. Durch Robert Koldewey kam neues Leben in jene Gegend. Der deutsche Architekt und Archäologe fand hier ein paar farbige Ziegelbrocken. Diese Bruchstücke der Ziegelreliefs gaben den Ausschlag, daß die neu gegründete "Deutsche Orient-Gesellschaft" und Kaiser Wilhelm II. die Ausgrabung des antiken Babylons im heutigen Irak finanzierten. Doch als Koldewey am 26. März 1899 dort den ersten Spatenstich machte, ahnte er nicht, daß er - fast auf den Tag genau - 18 Jahre mit der Freilegung der riesigen Stadt, dem New York der Antike, verbringen würde. Drückende Hitze, Staub, Erschöpfung - all das konnte Robert Koldewey nicht aufhalten: "Wir graben aus Prinzip so lange wie irgend möglich und benutzen jeden Tag dazu. Alles andere ist Nebensache." sagte er. Koldewey blieb trotz seiner einzigartigen Entdeckungen nüchtern: "Wenn ich mir vorstelle, daß mir einer vor 16 Jahren gesagt hätte, ich solle Babylon ausgraben, so würde ich ihn wohl für verrückt gehalten haben; aber es ist nicht so schlimm." Von seinen Kollegen wurde er zwar als eigenwillig, gereizt und einsam wahrgenommen, doch das störte den Archäologen wenig. Koldewey besaß ein überschäumendes Temperament und einen unbesiegbaren Humor. So konnte er zum Thema Krankheit trocken sagen: "Wenn man krank ist, wird man entweder gesund oder man stirbt." Wohl nur so ist es zu erklären, daß er die vielen Widerwärtigkeiten überwand: Krankheit von Mitarbeitern, Starrköpfigkeit der Eingeborenen, ungesundes Klima, schlafmützige Ortsvorsteher, vagabundierende Räuber, aufsässige Arbeiter, egoistische Polizisten und neiderfüllte Kollegen. Robert Johann Koldewey kam am 10. September 1855 in Blankenburg (Harz) auf die Welt. Er hatte zunächst Architektur, Archäologie und Kunstgeschichte in München, Berlin und Wien studiert. Während seines Studiums hatte er sich mit der Erforschung der griechischen Antike beschäftigt. Kodeweys fantastische FundeAls Koldewey mit den Grabungen begann, stellte auch er sich die Frage, wieweit die antiken Schriftsteller in ihren Aussagen über Babylon übertrieben hatten. Schon bald konnte er ermitteln, daß ihre Berichte keineswegs aus der Luft gegriffen waren. Als erstes fand Koldewey die von Herodot (484-425 v. Chr.) beschriebene Festungsmauer. Herodot, der "Vater der Geschichte", hatte die gesamte zu seiner Zeit bekannte Welt bereist und hierbei auch Babylon besucht. Die von ihm beschriebene Stadt ist das Babylon Nebukadnezars, die er als ein riesiges Viereck bezeichnet, dessen Seiten je 120 Stadien (22 Kilometer) lang gewesen seien. Die gesamte Stadtfläche betrug also rund 500 Quadratkilometer. Wenn wir diese Ausmaße mit Berlin vergleichen (ca. 890 qkm), wird uns der Größe Babylons erst richtig bewußt. Das alte Babylon war zu jener Zeit größer als London um 1900 n.Chr. Weiter fand er die Prozessionsstraße Babels mit dem Ischtar-Tor, die Paläste Nebukadnezars, das Marduk-Heiligtum mit den Resten des berühmten Stufensturms von Babel und er vermutete den Ort der Hängenden Gärten der Semiramis (eines der Weltwunder). Diese Funde wurden dann unter seiner Leitung teilweise auch ausgegraben. In den Stadtpromenaden, Palästen, Tempeln und Häusern, die man freilegte, fand man Töpfe und Pfannen, Gegenstände aus Metall, Skulpturen aus Stein und Keilschriftinschriften. Fast alles stammte aus der chaldäischen Periode (626 bis 539 v.Chr.), in der Nebukadnezar regierte. Dies war der babylonische König, der Judäa eroeberte, Jerusalem und den Tempel zerstörte und das jüdische Volk in das babylonische Exil führte. (vgl. 2 Chronik 36,6ff) Unter den Ruinen lagen die Überreste von noch älteren Bauwerken. Durch den nahegelegenen Fluß ist der Grundwasserspiegel aber so hoch, daß man sie nicht gut ausgraben kann. Was die Besucher also heute sehen, ist das Werk Nebukadnezars oder späterer Baumeister. Die Bauten Nebukadnezars haben Babylon am stärksten geprägt. Die Bauten von Nebukadnezar in BabylonNebukadnezars BautätigkeitenBabylon war unermeßlich reich und groß. Wie kam es, daß diese Weltstadt so geringe Spuren hinterließ, daß sie für lange Zeit sogar verschollen war? Noch heute baut man dort die Häuser aus ungebrannten Lehmziegeln. Solche Lehmhäuser erreichen ein Alter von kaum zwanzig Jahren, zerfallen dann. Und so waren, als Nebukadnezar Babylon neu erstehen ließ, die Bauten seiner Vorgänger von Wind und Wetter zerfressen worden. Gab es Bauruinen aus gebrannten Ziegeln, waren diese für die Bevölkerung willkommenes Baumaterial. Nebukadnezar sicherte die von ihm neu erbaute Stadt mit Mauern und Wassergräben. Er schuf damit eine Festung, die für die damalige Zeit unbesiegbar war. Babylon war nicht nur die größte Stadt des Orients, sondern auch der Welt größte Stadtbefestigung.
Als Nebukadnezar das Herrscheramt übernahm, setzte er die Bautätigkeit seines Vaters noch energischer und betriebsamer fort. Babylon lag am Ostufer des Euphrat; am anderen Ufer gab es noch ein Vorort. Die Stadt wurde von zwei Mauerreihen geschützt. Sie schützten die Stadt im Norden, Osten und Süden. Im Westen war die Stadt durch den Fluß vor Angriffen sicher. Die Vorstadt an anderen Ufer wurde von ähnlichen Mauern eingeschlossen. Diese mehr als acht Kilometer langen Mauern schlossen ein dreieckiges Gebiet ein, in dem Vororte und noch ein königlicher Palast lagen. Jeder, der die innere Stadt betreten wollte, durchschritt eines der imposanten Tore. Am prachtvollsten war das Ischtar-Tor, das neben dem Palast im Norden lag (Ein Modell ist im Pergamon-Museum in Berlin zu sehen). Nebukadnezar erneuerte das Ischtar-Tor dreimal. Jedesmal schmückte man die Ziegelmauern mit reliefartigen Darstellungen magischer Tierfiguren. Bei den letzten Bauarbeiten hatte man die Ziegel sogar glasiert: Gelbe und braune Tiere zeigten sich auf einem blauen Hintergrund. Die Fassaden entlang der Straße zum Tor waren ebenfalls mit glasierten Ziegeln bedeckt. Auch sie zeigten Reliefs von Löwen. Die Straße war mit weißem Kalkstein gepflastert. Jeder Stein war über einen Quadratmeter groß. Am Rand lagen weiß und rot geäderte Steine. Diese Prozessionsstraße führte direkt vom Ischtar-Tor zu den 900 Meter entfernten Tempeln des Gottes Marduk, den man gewöhnlich "Bel" ("Herr") nannte. Obwohl Ziegeljäger sämtliche glasierten Wände zerstört hatten, lagen noch genug Ziegel lose am Boden, um diese Wände nachbauen zu können. Sie stehen heute im Pergamon-Museum in Berlin. Die älteren, unglasierten Wände kann man in Babylon besichtigen. Die HaupttempelÜber die zwei Haupttempel von Babylon konnte man nur wenig herausfinden.
Der zweite Tempel hieß "Esagila" (Modell im Pergamon-Museum). Koldewey konnte ihn kaum freilegen, weil die Überreste unter einer fast 120 Meter dicken Trümmerschicht liegen, auf der zudem ein moslemisches Gotteshaus steht. Aus den Berichten Nebukadnezars sowie den Berichten des griechischen Schreibers Herodot ist aber ersichtlich, wie großartig der Bau war. Der babylonische König überzog die Wände des Heiligtums mit Gold. Außerdem stellte er für den Gott ein Bett und einen Thron auf, die beide mit Gold überzogen waren. Es gab zwei goldene Statuen von Marduk, berichtet Herodot, eine sitzende und eine stehende. Einheimische Priester berichteten Herodot, daß für den Tempel und seine Ausstattung mehr als zwanzigtausend Kilogramm Gold verwendet worden waren. Die Ruinen lassen erkennen, weshalb der König Nebukadnezar auf diese Weise prahlte. Von der späteren Periode des Wahnsinns erfahren wir in den babylonischen Berichten nichts. Sie fällt in die letzten dreißig Jahre der Regierungszeit Nebukadnezars und darüber existieren praktisch keine Aufzeichnungen. Der Turm zu BabelUnser Wissen über den Turm beziehen wir aus babylonischen Tafeln und aus griechischen Beschreibungen. Sie enthalten die Maße jeder Stufe. Die Seiten der Turmstufen waren verschiedenfarbig bemalt. In einer Höhe von vielleicht 190 Metern stand auf der obersten Stufe des Turmes ein Schrein aus blauglasierten Ziegeln. Um den Turm herum befand sich ein großer Hof mit Dutzenden von Räumen für die Priester und für die Lagerhaltung. Außerdem gab es dort Schreine für die Nebengötter. Der berühmte Turm zu Babel entstand wohl zu Zeiten Hammurabis. An der gleichen Stelle wurde zu Ehren des alten Turmes der spätere erbaut, von dem Herodot sagt, daß er aus acht aufeinandergestellten Türmen bestanden hätte, die von Terrasse zu Terrasse immer kleiner geworden seien. Hoch oben, weithin ins Land ragend, befand sich der kleinste Turm, ein Tempel, das Heiligtum Gottes. "Ein Stadium lang und ein Stadium breit sei das Fundament gewesen", berichtet Herodot. "Und der letzte Turm ist ein Tempel; leuchtendblau, wie die Wände des Ischtartores, waren die Ziegel getönt und gebrannt. Das Dach war mit reinem Gold bedeckt. Stolz erhob sich der Stufenbau mit seinen aufeinandergesetzten Pyramiden, bis sich auf der kleinsten der Tempel erhob, und sein Farbenspiel schimmerte weit über die Euphratauen." Koldewey und Meißner gruben zwar nur noch das Fundament aus, das einen quadratischen Grundriß von 91,5 Metern aufwies. Doch aus den Neigungswinkeln der drei Treppenaufgänge kann man schließen, daß der Turm ungefähr neunzig bis hundert Meter hoch gewesen sein muß. Die babylonischen TontafelnEine ganze Reihe von Tontafeln wurde in den Trümmern von Babylon gefunden. Besonderes interessante für die Bibelwissenschaft sind die Tafeln, in denen Bezug auf die jüdaischen Gefangenen genommen wird. So erwähnen 7 Tonquittungen den jüdischen König Jojachin, dem zusammen mit weiteren jüdischen Gefangenen Essensrationen zugeteilt werden. Im Pergamon-Museum ist eine dieser Tafeln ausgestellt.
Nach anderthalb Jahren Belagerungszeit war es den babylonischen Truppen gelungen, eine Bresche in die Stadtmauer zu schlagen. Nebukadnezars Heerführer, darunter Nabu-Sharrussu-Ukin, drangen in die Stadt ein, der jüdische König Zedekia floh. Eine Katastrophe traf sein Volk: Die Babylonier verschleppten die Juden und zerstörten den Tempel in Jerusalem.
Jer 39,1 Und es geschah, als Jerusalem eingenommen wurde - im neunten Jahr Zedekias, des Königs von Juda, im zehnten Monat, war Nebukadnezar, der König von Babel, und sein ganzes Heer gegen Jerusalem gekommen, und sie belagerten es;
Durch die neu übersetzte Tontafel wissen wir nun, dass Nabu-Sharrussu-Ukin als „oberster Eunuch“ bezeichnet wurde. Es sei damals üblich gewesen, hohe Hofbeamte zu kastrieren, erklärt Michael Jursa, da Männer ohne eigene Nachkommen gegenüber dem Herrscher als loyaler galten.
Koldewey in Berlin
Als Koldewey 1917 seine Ausgrabungen beendete, wurde er in Berlin tätig und publizierte bis zu seinem Tode im Jahre 1925 die Ergebnisse seiner Arbeit.
Kurze Geschichte Babylons
Quellen
Alan Millard, Schätze aus biblischer Zeit, Giessen: Brunnen-Verlag, 1986 (vergriffen) - Mit diversen Abbildungen und Artikeln (S. 128 - 140)
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